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Rallye. Ein Sport. Eine Leidenschaft. oder doch mehr?

1 Martin (Gast)

Hallo zusammen

viele Menschen haben Hobbys. Manche gar eine Leidenschaft. Irgendwie ist es bei mir noch etwas anders! Möchte euch bissl erzählen wie es bei mir dazu kam und wieso so viel "Herzblut" bei mir in dem Thema steckt.

Es wird mittlerweile so viel Reglementiert. So viel "Politik" gemacht. Das man manchmal den "Spaß" verlieren könnte! Warum ist das nicht so bei mir?

Ich betriebe den Rallyesport aktiv nun das 12. Jahr in folge!. Aber das Interesse geht viel weiter.
Ich saß noch mit meinem Vater am Fernseher und sah mir Meisterschaftsläufe (ja die Kamen mal im Fernsehen) an.
So kam es das als kleiner Bub mein ferngesteuerte Auto zwar mit einer "Calibra" Karosse geliefert wurde, aber dank Baukasten System schnell eine "Rallye-Cossi" Karosse drauf wanderte.
Natürlich hab ich mich auch für andere Motorsport Disziplinen (vor dem Fernseher) interessiert. Doch Rallye war für mich immer was besonderes.
Unvergessen die VHS (ja sowas gabs da noch) von Audi Motorsport über Walters Auftritt am Pikes Peak!
Zu meiner Jugend Zeit waren Colin McRae und seine kompromisslose Fahrweise einfach beeindruckend. Natürlich hatten andere mehr Erfolg. Aber diese Leidenschaft die er Ausstrahlte. Die Art wie er das Fahrzeug bewegte war einfach einmalig!

So wurde auch in der Schulzeit am PC "gedaddelt". Unvergessen hier "Rallye Racing 97". Ein Hammer Game.
Dan kam "Colin McRae Rallye" und der Sport wurde bekannter.
Ein mal so unterwegs sein. Unmöglich!!! Das wurde mir immer gesagt.

So war es mehr Zufall (und der Hartnäckigkeit meiner damaligen Freundin) zu verdanken das ich im "Autoslalom" landete (bis dahin NIE von der Disziplin gehört). Aber ich war jetzt RENNFAHRER! Wie geil. Nach kurzer Eingewöhnung auf einem Clubfahrzeug kam mit dem 4. Platz in der ADAC Nachwuchs Meisterschaft auch das erste eigene Auto. Die foglende Saison lieg gut. und 2008 wollte man "weiter nach oben": Doch es kam alles anders.
Ein Clubkollege (Rallyefahrer) fragte mich ob ich nicht Rallye Fahren wollte. Wollen schon. Aber ohne Rallye Auto etwas kompliziert (und sowas war damals schon nicht billig). Aber er lies nicht locker und stellte mir und 2 anderen Clubkollegen ein Auto (Golf 2 Gti 8v serie ausgeräumt und zwecks Gewicht in der Gruppe H) zur Verfügung um zu lernen!!
Ich auf Colins Spuren. Ich war überglücklich. Gleich bei der 2. Veranstaltung dann der erste Pokal (p2 von 8, natürlich auf Schotter). Ok also man war auch nicht komplett talentfrei. Super!
Aber auch in der Saison wurde klar. Ich brauch was eigenes. Aber mit Heckantrieb. So kam ich zum ersten E36 318is Coupe in Süddeutschland. Weil geil ist quer. Einfach genial. Bis ich das Auto am 16.10.2010 mit 110km/h an einem Baum zerschellte. Nach einer über 1 Stündigen Bergung, Hubschrauberflug, Notfalluntersuchung und OP am zertrümmerten Sprunggelenk kamen die Besucher und irgendwie selbst die erfahrenen Rallye Fahrer meinten, eine Pause (oder ein Ende) des Sports wäre nach so einem Heftigen Unfall keine Schande. Komischerweise kam mir der Gedanke NIE!
Noch im Krankenhaus wurde nach einem geeigneten Basisfahrzeug für den Wiederaufbau gesucht!
12 Monate bis ich wieder Autofahren kann. 18-24 Monate bis ich wieder im Wettbewerb fahren kann. Das sagte der Herr Chefarzt (seines Zeichens witzigerweise Rennarzt).
Soweit zur Theorie. Gut das ich keinen Sturkopf habe!!!!!!!
6 Monate und 2 Wochen später stand ich wieder am Start zu einem Rallye Sprint. So ein Rallye Leiter wird ganz schön sauer wenn man im Overall mit Krücken zum Auto geht! Krücken wurden dann verräumt!!!
Fahren durfte ich freundlicherweise auf dem E30 eines guten Bekannten, den ich selbst vor meinem Unfall noch mit aufgebaut hatte (also das Auto, nicht den Bekannten!)!
Ich hatte in meinem Leben noch nie so viel Angst wie am Start dieser Rallye. Doch als das Auto in Kurve 2 quer kam und ich ihn zum glück reflexartig einfangen konnte, war alles wieder wie damals. Die Angst war weg. Der Speed war da. Und der Spaß erst.
Also nix verlernt!!!!!
So wurde dann ab 2012 mit dem neuen BMW wieder fleißig gefahren
Aber wie das immer ist als "Racer". Man ist ja doch nie "zufrieden". Man will immer mehr! So schickte mich meine mittlerweile Frau sogar zu einer Sichtung für einen Rundstrecken Cup. Man wurde zwar 2. von 14 Fahrern. Aber der 2großzügige" ADAC wollte für die Saison eine "Mitgift" von 8t€. Die ich schlicht nicht hatte. Also weiter Rallye.
Die Erfahrung wurde mehr. Das Auto besser und so auch die Veranstaltungen anspruchsvoller. Da ich von Anfang an "Schotter-geil" war (für mich der Wahre Untergrund für Rallye Fahrer) wurde ein 2. Auto nur für Schotter-Veranstaltungen aufgebaut! Da ich ja nix "normal" machen kann, wurde hier ein absolutes Unikat auf deutschen Rallyepisten gebaut! Damit wollte ich einfach meinen Spaß auf Schotter haben!
Hier waren wir auch immer "gut Unterwegs". So kam es das ich auch mein bisheriges Absolutes Motorsport Highlight auf Schotter erleben durfte. Die "Lausitz"!!! 138 WP Kilometer, davon 126 auf Schotter!! Die längste Prüfung war eine 21km A-B Prüfung. AUF SCHOTTER! Einfach genial! mit Startnummer 73 von 74 am Start waren wir am ende Klassensieger und 37er Gesamt!!
Leider wird auch im Sport immer mehr "sinnlose" Politik gemacht, weshalb manchmal ein schritt zurück der einzige Weg ist. So baute ich 2018 ein neues Asphalt Auto. Dieses mal Deutschlands allerersten BMW 1er Benziner.
Aber warum zum Teufel tue ich mir dieses Ärger. Die nervige Politik. Das "Gezanke" der Verbände überhaupt noch an? Deutscher Meister werde ich sicher nicht mehr!

Aber für mich ist dieser Sport. Diese Kunst, ein Fahrzeug oft ohne Sicht auf unwegsamen Gelände am Limit zu bewegen. Ohne Platz für Fehler. Ohne Zeit für Überlegungen.
DAS ist kein Hobby. Oder eine "Freizeitbeschäftigung". Auch kein "Sport". Das ist pure Leidenschaft mit einem Suchtpotential, was jedwede anderen "Suchtmittel" verblassen lässt.
Natürlich hat der Sport auch seine Risiken. Dessen bin ich mir bewusst. Ich bin auch nicht Lebensmüde. Doch dieses Gefühl, im Fahrzeug, "blind" auf die ansage seines vertrauten co´s das Fahrzeug am absoluten Limit (und manchmal etwas darüber hinaus) zu bewegen ist für mich viel mehr als nur "Rennen Fahren". Es ist eine Befreiung meiner Seele vom Stressigen Alltag. Das ist entspannender für mich als 2 Wochen Urlaub!!!
Es ist einfach ein Teil von mir. Ich hoffe diese Zeilen helfen auch zu verstehen warum ich manchmal etwas sehr "direkt" bei dem Thema bin. Denn bei Herzensangelegenheiten kann man Emotionen nicht verstecken!

Natürlich darf jeder (so ist es gedacht) auch seine Rallye-Geschichte hier anhängen.- Denke könnte interessant werden

08.08.2019 15:07

2 Spirit of Colin (Gast)

Hallo Martin.

Vielen Dank für Deine sehr aussagekräftige Beschreibung Deiner persönlichen Beziehung zum Rallyesport. Ich denke, ich kann diesen Dank im Namen vieler Rallye-Anhänger aussprechen. Mit vollem Recht.

Auch für mich ist das Thema "Rallye" erst einmal eine Leidenschaft. Und zwar eine sehr tiefgehende. Globaler und auch nüchtern betrachtet, ist es natürlich noch viel mehr. Beides sind für mich gute Gründe, hinter dem Sport zu stehen.

Bleiben wir einmal beim für mich persönlich Wichtigen: Jeder gute Bekannte von mir weiß ja, daß ich mich, seit ich denken kann, für Alles begeistere, was einen Motor hat und sich fortbewegt. Meine Rallye-Leidenschaft entdeckte ich aber erst so richtig, als ich elf Jahre alt war. Was vor Allem daran lag, daß mich bis dahin Niemand eingehender an dieses Thema herangeführt hatte. Und überhaupt: Daß nahe bei mir zu Hause eine Rallye stattfinden würde - kein Gedanke daran.

Die entsprechenden Infos dazu lieferte mir einer meiner Lehrer, der eine Turnstunde dafür geopfert hatte, um uns Jungs den Rallyesport näher zu bringen. Nicht nur, weil ich ein hundsmiserabler Turner war, kam mir dieser Umstand sehr entgegen. Mich faszinierte der Gedanke sofort, mit umgebauten Straßenautos jeglicher Art über irgendwelche Dreckspfade zu jagen: Das Grundprinzip des Rallyesports schlechthin. Wenige Tage später sah ich meine erste Rallye live. Zwar nur an einer Stelle und erst so etwa ab der Startnummer 35. Aber meine theoretischen Eindrücke, die ich schon in der Schule von Rallyes gewonnen hatte, wurden vollauf bestätigt. Ich wußte: DAS ist Meines! Und von diesem Moment an war ich bei fast jeder Rallye in meiner näheren Heimat dabei.

Von Anfang an hatte der Rallyesport für mich auch eine tiefe persönliche Bedeutung. Der Hintergrund dazu: Im Herbst 1982 ist mein geliebter Großvater verstorben. Deswegen war ich vor allen Dingen im Herbst immer sehr traurig. Weil bei uns im Herbst aber immer Rallye-Zeit war, wurde diese Zeit für mich ein Grund zur Freude und zur Vorfreude. Das hat mich wesentlich über meinen Schmerz hinweggetröstet.

Generell ist es für mich die Poesie, die mich am Rallyesport begeistert. Nicht das Risiko. Ich habe deswegen die PS-Auswüchse der Gruppe-Zeit immer verabscheut und gehofft, daß so etwas nie wieder kommt. Piloten, die ihre Boliden im Grenzbereich bewegen, sie driften und springen lassen, ein buntes Leben, der Duft von aufgewühlter Erde...Alles das kann man mit maximal 300 bis 350 PS auch haben (bei den GT's mit 2WD von mir aus ein bißchen mehr...). Vielleicht sogar viel besser und im größeren Rahmen, als wenn die PS-Leistung ausufert.

Nun begleitet mich meine Rallye-Liebe also schon seit fast 35 Jahren. Ich habe dabei viele Höhen und Tiefen erlebt, hatte einige Erfolgserlebnisse, die mir einen großen inneren Halt gegeben haben, aber auch ärgerliche, erschreckende und zermürbende Erfahrungen mußte ich einstecken. Was meist eher menschliche Hintergründe hatte. Natürlich hat sich auch der Sport an sich nicht immer nur so verändert, wie ich das gerne hätte. Aber ich begnüge mich nie damit, zu kritisieren. Ich suche vor Allem aktiv nach Lösungen.

Das ist das Mindeste, was ich zumindest denen schuldig bin, die diesen Sport leidenschaftlich leben und mitgestalten. Und ich bin es auch meinem Freund schuldig, der im November 1998 einem schweren Krebsleiden erlegen ist und zum letzten Mal aus eigener Kraft aufgestanden ist, als die Rallyewagen am Krankenhaus vorbeigefahren sind. Und ich bin es auch meiner seligen Mutter schuldig, die nebst der treuen Erfüllung ihrer elterlichen Pflichten auch als Einzige in meiner Familie und Verwandtschaft zumindest Ansätze einer Motorsport-Begeisterung gezeigt hat.

Das Alles sind Gründe, warum ich auch vielen Unkenrufen und Spötteleien zum Trotz hinter meinen Idealen stehe, die für mich den Wert des Rallyesports bestimmen.

08.08.2019 15:10

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