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Richtungsweisendes Urteil - keine Sanktionen gegen DMSB-Lizenznehmer wegen Teilnahme an RSC-Veranstaltungen

04.12.2022 13:48

Mit einer sportrechtlichen Grundsatzentscheidung und einem in der deutschen Rechtsprechung erstmaligen Urteil endete am 15.11.2022 ein Kartellrechtsverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main. Nach über vier Jahren Verfahrensdauer wurde dort letztinstanzlich entschieden, jegliche Bestrafungen des DMSB - und auch schon die reine Androhung einer solchen - für die Teilnahme seiner Lizenznehmer an Veranstaltungen des RSC e. V. sind kartellrechtswidrig und damit unzulässig. Im konkreten Fall hatte sich Jörg Seitz aus Felsberg in Hessen gegen seine Verurteilung durch das DMSB-Sportgericht im Nachgang der RSC-Grabfeldrallye 2018 zur Wehr gesetzt und nun in allen Punkten durch das Gericht uneingeschränkt Recht bekommen.

Das Gericht führt dazu in seinem Urteil aus, bereits „im Androhen oder Verhängen von Sanktionen wegen der Teilnahme an Sportveranstaltungen des RSC liegt ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung seitens des Beklagten.", also des DMSB. Der DMSB veranstaltet, so das Gericht weiter, über 90 Prozent der Rallyes in Deutschland im Jahr. Damit besitzt der DMSB eine Monopolstellung, die er nicht zum Nachteil der Verbraucher – also der Lizenznehmer und Veranstalter – wie auch seiner Mitbewerber – wie dem RSC e. V. – missbrauchen darf, was er jedoch bisher tat, wie das Gericht sehr deutlich feststellt.

Konkret wurde der DMSB durch die Klage von Jörg Seitz dazu verurteilt, es bei Meidung von hohen Geld- bzw. Haftstrafen zukünftig zu unterlassen, gegenüber seinen Lizenznehmern „im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Sanktionen wegen einer Entscheidung, an Sportveranstaltungen des Rallye Supercup e.V. teilzunehmen und/oder mit dem Rallye Supercup e.V. zu kooperieren, direkt oder indirekt anzudrohen und/oder zu verhängen“. Dies betrifft insbesondere auch den Entzug von Lizenzen oder andere Bestrafungen wie Geldstrafen gegen seine Lizenznehmer, so das Gericht weiter. Alle dementsprechenden Klauseln in den Lizenzbestimmungen des DMSB oder auch in den Bestimmungen zum DMSB-KFP sind somit unwirksam, da sie als rechtswidrig verurteilt worden sind. Zudem ist es dem DMSB von nun an verboten, die Erteilung einer Sportlizenz zur Teilnahme an Veranstaltungen des DMSB zu verweigern, weil der betroffene Lizenznehmer auch innerhalb des RSC e. V. aktiv ist bzw. auch dort Lizenznehmer ist.

Sollte sich der DMSB nun trotz der eindeutigen Entscheidung nicht an dieses strikte, gerichtliche Verbot halten, drohen ihm, laut Urteil, bis zu einer viertel Million Euro Geldstrafe für jeden Einzelfall oder bis zu sechs Monate Haft zu vollstrecken an seinem Präsidenten sowie weitere hohe Schadensersatzforderungen.

Zu dieser Grundsatzentscheidung hat wie bereits erwähnt die Einzelklage des Nordhessen Jörg Seitz geführt. Er war trotz einer gültigen DMSB-Lizenz mit einer zusätzlichen RSC-Lizenz bei der Grabfeldrallye 2018 gestartet und wurde, wie viele andere DMSB-Lizenznehmer auch, nach dieser Rallye vom DMSB-Sportgericht für die Teilnahme an dieser DMSB-unabhängigen Veranstaltung mit einer Geldstrafe von 2.000 Euro auf Bewährung sanktioniert. Nach Einreichung seiner Klage wurde ihm sogar gänzlich vom DMSB verwehrt, eine Jahresfahrerlizenz des DMSB weiterhin beantragen zu können. All das ist jetzt nach dem Urteilsspruch aber hinfällig.

Anwälte, Kläger und RSC e. V. zum Verfahren
„Ich habe es damals wie heute einfach nicht eingesehen, warum ich als freier Bürger nicht selbst entscheiden kann, an welcher ordentlich, öffentlich-rechtlich genehmigten Motorsportveranstaltung ich teilnehmen kann. Warum mir das ein Sportverband, dessen Lizenznehmer und Kunde ich bin, vorschrieben soll, was ich darf und was nicht, war mit meinem Rechtsverständnis nicht vereinbar. Natürlich bin ich nun froh und auch erleichtert, nach einem langen Kampf dieses Recht, selbst entscheiden zu können, an welchen Veranstaltungen welcher Verbände ich teilnehmen möchte, nun für alle Motorsportler in Deutschland durchgesetzt zu haben. Ich freue mich, dass wir nun alle beim RSC e. V. und besonders bei der Grabfeldrallye wieder fahren „dürfen“. Für mich ist die „Grabfeld“ die schönste Rallye im Jahr. Ich bin schon die allererste gefahren und seitdem habe ich kaum eine ausgelassen. Auch meine Frau Daniela habe ich dort kennengelernt.“, erklärt Jörg Seitz.

„Für Fahrer, Beifahrer und Sportwarte mit einer DMSB-Lizenz ist dieses Urteil wahrlich ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk. Wir sind in all unseren Rechtspositionen, die wir immer und stets in der Öffentlichkeit vertreten haben, nun auch endgültig gerichtlich bestätigt worden. In all den unterschiedlichen Verfahren, in die der DMSB uns und unsere Mitglieder gedrängt hat, haben wir es mit einem massiv hohen Aufwand an Zeit, Arbeit und Geld sowie auch durch die Unterstützung gleich mehrerer Anwälte parallel nun endgültig geschafft, für den deutschen Motorsport diesen großen Erfolg zu erzielen. Im Namen des RSC e. V. muss ich mich bei allen Unterstützern – in jeglicher Form, unseren Mitgliedern wie auch insbesondere bei unseren Anwälten ganz herzlich bedanken. Aber vor allem dem mutigen Einsatz von Jörg Seitz, der durch seine Klage erst dieses unglaubliche Urteil für den deutschen Motorsport ermöglicht hat, müssen wir unseren höchsten Respekt zollen. Jeder deutsche Motorsportler sollte ihm aus tiefstem Herzen für seine herausragende Leistungen danken. Ohne ihn und seinen Einsatz für unseren Sport wäre das in dieser Form für uns alle niemals ermöglicht worden.“, so der 1. Vorsitzende des RSC e. V., Patrick Mohr.

Einer der betreuenden Rechtsanwälte des Verfahrens, Patrick Wawrzinek, führt weiter aus: „Ab sofort können nach diesem Urteil alle Lizenznehmer des DMSB, ohne dafür vom DMSB in irgendeiner Form belangt oder benachteiligt werden zu dürfen, an den Veranstaltungen des RSC e. V. uneingeschränkt teilnehmen und diese Veranstaltungen in jeglicher Art und Weise unterstützen. Dies gilt dabei nicht nur für Profisportler und Menschen, die ihren überwiegenden Lebensunterhalt über den Motorsport bestreiten, nein, diese Aussage gilt für alle Motorsportler. Diese Rechtsauffassung ist bisher in Deutschland noch nie derart eindeutig und klar formuliert in einem vergleichbaren Fall von einem Gericht vertreten worden und wird daher nicht nur im Motorsport große Auswirkungen haben.“

Mark-E. Orth, der als Anwalt von Jörg Seitz vor allem die kartellrechtliche Argumentation vorgetragen hat, benennt weitere Folgen des Urteils: „Rennfahrer wie Sportler generell sind mit diesem Urteil „ihrem“ Monopolverband nicht mehr hilflos ausgeliefert. Dort, wo der Sportverband träge geworden ist, können sich nun neue Sportveranstalter wie der RSC e.V. mit besseren Ideen hervortuen und der alte Sportverband kann diese innovativen Wettbewerbe wie etwa die Grabfeldrallye nicht mehr mit exklusiven Bindungen der Sportler ausbremsen. Jetzt kann der Kunde entscheiden, welche Rallye nach welchem Reglement er fahren will. Die Entscheidung hat auch weitreichende Auswirkungen auf andere Sanktionen, die der DMSB in Zukunft verhängen wird. Das Gericht sieht in der grundsätzlichen Sanktionsnorm des ISG der FIA einen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Auch im Hinblick auf das beim EuGH anhängige Superleague-Fußball-Verfahren hat das Gericht mit seinem Urteil wichtige Pflöcke eingeschlagen. Am 15.12.2022 wird Generalanwalt Rantos in seinen Schlussanträgen andeuten, wohin die Reise in Sachen Superleague geht. Das OLG Frankfurt hat schon die Ideallinie freigefahren.“

„Wir freuen uns nun, ab 2023 alle Lizenznehmer des DMSB bei uns begrüßen zu dürfen und gehen fest davon aus, da erste Gespräche schon seit geraumer Zeit sehr positiv verlaufen, auch ein paar Veranstalter zum Verbandswechsel in den RSC e. V. bewegen zu können. Es sind alle bei uns herzlich willkommen.“, ist aus dem Vorstand des RSC e. V. mit Blick in die Zukunft zu erfahren.

Prozesshistorie
Dieses Urteil gegen den DMSB und seine Sportgerichtsbarkeit reiht sich dabei nahtlos in eine ganze Reihe von bekannten, gerichtlichen Niederlagen, die der DMSB in den letzten Jahren in Zusammenhang mit dem RSC e. V. erlitt. Zuletzt verlor er im Frühsommer am 02.06.2022 auch eine Urheberrechtsklage mit hohem Streitwert letztinstanzlich. Hier hatte der DMSB versucht, seine sportlichen und technischen Regularien urheberrechtlich schützen zu lassen. Er scheiterte jedoch daran, dass eine juristische Person wie der DMSB kein Urheber sein kann und er auch keine alleinigen Nutzungsrechte an seinen Regularien besitzt, somit fehlt es seinen Reglements gänzlich am angestrebten Urheberschutz. Stattdessen stellte das OLG Düsseldorf jedoch fest, der DMSB wie auch die frühere ONS GmbH sind nie „als beliehene Unternehmer tätig geworden, denn ihnen sind keine hoheitlichen Befugnisse übertragen worden“. Was nun wiederum bedeutet, der DMSB besitzt keinerlei rechtliche Befugnis für sich zu behaupten, er habe „die Sporthoheit in der Bundesrepublik Deutschland“ inne, weil es eine solche rechtlich in Deutschland gar nicht gibt. Außerdem gelangte das Gericht in Düsseldorf zu dem Erkenntnis, dass es sich beim DMSB „gerade nicht um einen „Rechtsnachfolger“ der ONS GmbH handelt - die ONS GmbH besteht ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszugs, wenn auch nunmehr unter der Firma ,,Deutsche Motor Sport Wirtschaftsdienst GmbH“, fort“. Beides propagiert der DMSB aber gerne anders.

Verbraucherschutzberatung
Abschließend noch ein wichtiger Hinweis an alle Lizenznehmer des DMSB. Sollten Sie noch immer von, ggf. neuerlichen, Bedrohungen und Einschüchterungsversuchen seitens des DMSB in Bezug auf den RSC e. V. betroffen sein, helfen Ihnen die Experten des RSC e. V. gerne weiter. Im Falle jeglicher Art von Androhungen einer Bestrafung oder auch bereits erfolgten Sanktionen, melden Sie sich bitte unverzüglich bei der Verbraucherschutzberatung des RSC e. V., per Mail an: verbraucher-rsc@web.de